MANni ist verletzt

von den truckern wurde die Feder zerlegt und gedreht wieder eingebaut - wer das genau wissen will kann mich gerne anrufen
von den truckern wurde die Feder zerlegt und gedreht wieder eingebaut - wer das genau wissen will kann mich gerne anrufen

Die Pisten zu fahren ist eigentlich nicht schwierig, besonders die Sandpisten lassen sich souverän zügig fahren. Jedoch kreuzen die Routen untereinander und die schöne Sandpiste mit etwas Wellblechcharakter wechselt urplötzlich in eine steinige harte Piste mit Unebenheiten und Sprungschanzen.

Ein solcher Wechsel aus zügiger Fahrt wurde uns zum Verhängnis. MANni hat sich ein Bein, bzw. zwei Blattfedern gebrochen. Der Sprung war mächtig und beim eintauchen in die Fahrspur war leider ein allzugroßes Schlagloch. Stellt euch vor, wir stehen da mitten in der Steppe, 2300 m hoch  und 134 km von der nächsten Stadt entfernt. Auf der einen oder anderen Fahrspur, weit entfernt ein Auto – sonst nichts.

Wir begutachten den Schaden. Glück im Unglück die oberste Feder, welche die Achse führt ist o.k. die zweite auch, aber die beiden darunterliegenden, sind am hinteren Ende abgebrochen.

Rainer sieht einen LKW kommen, springt mit unserer Dolmetscherin Dascha, die wir Gott sei Dank noch nicht „ausgesetzt“ hatten, zum LKW und stoppt diesen bei voller Fahrt – wild gestikulierend, dass bei uns etwas defekt sei und wir nicht zum Kaffee einladen wollten.

Der Fahrer hält und lässt sich von Dascha den Schaden erklären. Er wechselt seine Fahrrichtung und fährt für uns - quer-Steppe – bis zu unserem Fahrzeug, steigt aus und besieht sich den Schaden. Ein richtiger mongolischer Truckdriver steht da vor uns: körperschwer und sehr dominat. Ein zweiter LKW kommt hinzu. Die beiden Fahrer diskutieren, dass wir so nicht die nächsten 134km bis Khovd fahren können und dirigieren ihre Söhne das Werkzeug aus deren LKWs zu holen. Die monglischen LKWs scheinen fahrende Werkstätten zu sein. MANni wird voll in die verantwortlichen Hände der Trucker übergeben. Diese zerlegen in der Steppe das komplette Federpacket, drehen die defekten Teile und verbinden das Ganze mit Schlauchgummi und fixeren abschließend mit Draht. Die Mädchen kochen Tee  und verteilen Kekse. Drei Stunden Arbeit und das Federpacket ist für eine Notüberführung in die nächste Stadt fahrbereit gemacht.  Wir sind völlig platt von dieser Hilfsbereitschaft. Am Ende möchten die Helfer kein Geld.  Der Truckdriver  Vater erbittet lediglich ein Geschenk für seinen Sohn. Alle werden von uns  reichlich beschenkt. Wir sind sehr gerührt von dieser Begegnung und dieser Hilfsbereitschaft. Es wurde geholfen ohne Frage nach Geld, ohne die verlorene Zeit in Rechnung zu stellen, einfach nur weil wir Hilfe brauchten. Wir sind unglaublich dankbar und sind von dieser Hilfe überwältigt. Wir hätten uns nicht zu helfen gewusst. Ich wäre wahrscheinlich bis zum endgültigen Federbruch weitergefahren um Khovd  zu erreichen. Bei den Straßen, die uns bis dahin noch erwarten sollten wäre das aber unmöglich gewesen.

Aber das ist noch gar nicht alles! Wir fahren um 20:00 Uhr langsam weiter, die Piste verändert sich in wilde Fahrspuren über die gelegentlich XXL Trucks donnern. Wer es nicht erlebt hat glaubt nicht, dass diese dort überhaupt vollbeladen fahren können. Eigentlich ist das unmöglich. Die Bilder werden es euch zeigen.

Hinter uns kommen nach einer halben Stunde die hilfsbereiten Trucker. Fahren an uns vorbei, bleiben irgendwann wieder stehen und warten auf uns. Lassen uns vorfahren, während sie das von uns erhaltene Piva (Bier) trinken und donnern dann erneut eine halbe Stunde später an uns vorbei,  um wieder später auf uns zu warten. Auf Grund der vielen unübersehbaren Pisten und weil es inzwischen dunkle Nacht ist, hätten wir ohne GPS den Weg zur Stadt nie gefunden. Zudem war es auch beruhigend, dass wir den TRUCK 51 immer wieder treffen und wissen, dass wir richtig fahren. Wir haben einen persönlichen Schutz auf diesen 140 km. Das geht so durch die ganze Nacht mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h. Wir kommen erst nach 8 ½ Stunden um 5 Uhr morgens in Khovd an und bis zuletzt waren die Trucker in unserer Nähe. Dann, als sie sahen dass nichts mehr schief gehen konnte, verschwinden sie auf nimmer wiedersehen.

MANni in der Werkstatt - sieht nicht so aus!!
MANni in der Werkstatt - sieht nicht so aus!!

Wir stehen im Morgengrauen im Zentrum der Kleinstadt und versuchen noch drei Stunden Schlaf zu finden. Mit Beginn der Umtriebigkeit in der Stadt suchen wir eine Werkstatt. Einfach und auf Improvisation eingestellt. Wieder haben wir Glück im Unglück. In weiser Voraussicht habe ich unterhalb des Fahrzeugs eine Ersatzfeder für die Hinterachse mitgenommen und festgebunden. Diese kann nun gekürzt und verwendet werden. Die zweite Feder finden wir im Bazar. Wahrscheinlich schon viele Monde alt aber noch in gutem Zustand was die Vorspannung angeht. Für 25 Euro erwerben wir das Teil und gehen damit zu einer Schlosserei . Die Feder ist für unseren MANni zu breit und muss an vier Stellen für die Halterung abgeschliffen werden. Mich trifft der Schlag als zu einem alten Fabrikgelände eine etwa 70jährige Frau mit Enkel kommt, Arbeitskleidung anzieht und an den Maschinen die Feder passend umarbeitet. Für 8,50 Euro Arbeitslohn! 

Wir sind am Abend wieder startklar, die ganze Arbeit haben wir für 200 Euro bekommen. Neue Stoßdämpfer hatte ich auch dabei und diese auch gleich mit einbauen lassen. Wir essen zu abend und dann legen wir wieder eine Nachtfahrt ein - 437km bis zur nächsten Stadt.

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Kommentare: 2
  • #1

    Gabi (Dienstag, 16 Juli 2013 22:51)

    So haben wir durch euer "kleines" Unglück eine Lektion in Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft und erfinderischen Lösungen nach dem Motto "Geht nicht gibts nicht" erhalten. Beeindruckend - auch, dass ihr zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort auf Dascha getroffen seid, die bei diesen Schwierigkeiten sicher eine große Hilfe in der Verständigung war. Ich wünsche euch weiterhin so glückliche Fügungen.
    Liebe Grüße
    Gabi

  • #2

    Stefanie Wegner (Montag, 29 Juli 2013 10:57)

    Dieser Beitrag hat mich gerade absolut beeindruckt! Wie so vieles, was sich auf diesem Blog findet.

    Gänsehaut-Grüße aus Augsburg,
    Stefanie Wegner